Chirurgie der Aorta | Hauptschlagader | Herzklinik Zürich
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Chirurgie der Aorta (Hauptschlagader)

Die Aorta ist die Hauptschlagader des menschlichen Körpers. Sie kommt aus der linken Herzkammer und gibt zuerst die Herzkranzgefässe zur Versorgung des Herzmuskels ab. Anschliessend verläuft sie dann nach rechts oben. Im Bereich des Aortenbogens, wo die grossen Gefässe zur Versorgung des Kopfes, der Arme und der oberen Thoraxhälfte abzweigen, verläuft sie von rechts nach links, um dann neben der Wirbelsäule nach unten in den Bauchraum zu ziehen. Unterhalb des Zwerchfells werden die Gefässe zur Versorgung der Bauchorgane wie Leber, Magen, Darm und Nieren abgegeben.

Im Bauch liegt die Aorta hinter den Bauchorganen vor der Wirbelsäule und teilt sich auf Nabelhöhe in die grossen Beckengefässe auf. Diese teilen sich wiederum in das Gefäss für das kleine Becken und das zur Leiste ziehende, das Bein versorgende Gefäss. Die Aorta ist ein elastisches Gefäss, die Wand besteht mehrheitlich aus elastischen Fasern und pulsiert bei jedem Herzschlag. Damit wirkt sie wie ein Windkessel. An ihrem Ursprung misst sie 25 bis 35 mm und verjüngt sich bis zur Aufteilung auf etwa 20 mm.

Erkrankungen der Aorta?

Es gibt angeborene Missbildungen, wie ein anatomisch abnormaler Verlauf und Einengungen oder Unterbrüche, wie etwa die Aortenisthmusstenose. Diese ist eine Einengung am Übergang des Aortenbogens in die deszendierende thorakale Aorta. Angeboren sind auch genetische Defekte, die zu einer Bindegewebsschwäche führen, wie das Marfan Syndrom. Dadurch kommt es im Verlaufe des Lebens zu einer zunehmenden Wandschwäche mit Ausbildung von Aneurysmen (Ausweitungen). Unbehandelt sterben Patienten mit einem Marfan Syndrom meist an der Ruptur eines Aortenaneurysmas.

Hauptursache für erworbene Erkrankungen der Aorta ist die Arteriosklerose. Sie führt in der Aorta seltener zu Einengungen und Verschlüssen. Viel häufiger kommt es durch die Wandschwäche zur Ausbildung eines Aneurysmas.

Von einer Ausweitung spricht man, wenn der Durchmesser einer Arterie grösser ist als an der gegebenen Stelle üblich. Von einem Aneurysma spricht man, wenn der Durchmesser mehr als das Doppelte des Normalen beträgt. Aus physikalischen Gründen wird jedes Aneurysma weiter wachsen und platzen, was zum Tod durch Verbluten führt. Die Wachstums- und Rupturraten und damit die Gefahr zu sterben, sind sehr unterschiedlich. Sie nehmen aber mit zunehmender Grösse des Aneurysmas exponentiell zu. Klinisch verursachen Aneurysmen keine Beschwerden, ausser sie sind so gross, dass sie auf umliegende Strukturen drücken. Wenn bei einem Aneurysma Schmerzen auftreten, ist dies ein Alarmsignal, denn dann handelt es sich um eine beginnende Ruptur oder die Ruptur steht unmittelbar bevor.

Abb. 1: Aneurysmen in der Aorta

Behandlungsmöglichkeiten für Erkrankungen der Aorta

Bei Aorten-Aneurysmen war bis vor ca. 15 Jahren der offene Ersatz des Gefässes mit einer Dacron Prothese (Abb. 2) die einzige Behandlungsmöglichkeit, um eine Ruptur zu verhindern. Das Operationsrisiko ist stark von der Lage und Ausdehnung des Aneurysmas abhängig. Für Aneurysmen der Aorta unterhalb der Nierenarterien ist das Operationsrisiko in den Händen eines erfahrenen Chirurgen bei Patienten ohne sehr schwere Begleiterkrankungen klein ( < 1%). Bei Aneurysmen der Aorta zwischen Herz und Abgang der Nierenarterien ist das Risiko deutlich höher und stark von der Ausdehnung des Aneurysmas, seiner Lage und dem Zustand des Patienten abhängig. Bei Operationen oder Interventionen dürfen Gefässabgänge zu wichtigen Organen auch vorübergehend nicht unterbrochen werden oder das Strömungsgebiet muss entsprechen geschützt werden. Offene Aneurysmaoperationen der thorakalen und suprarenalen Aorta zählen zu den grössten, riskantesten und belastendsten Operationen am menschlichen Körper. Deshalb war früher für viele Patienten eine Behandlung nicht möglich. Mit der Einführung von Stent-Grafts (selbst expandierende Gefässprothesen, Abb. 3) wurde die endovaskuläre Behandlung zur Überbrückung und Ausschaltung von Aneurysmen möglich. Die Anwendung erfolgt analog zu den Dilatationen und Implantationen von Stents in Arterien. Allerdings braucht es einen wesentlich grösseren Gefässzugang. Die ersten Stent-Grafts wurden zum Ersatz der Bauchaorta unterhalb der Nierenarterien entwickelt und die Langzeitresultate mit den neueren Prothesen sind bei korrekter Indikationsstellung gut.

Inzwischen gibt es Stent-Grafts die wesentlich grösser und flexibler sind, so dass auch die anderen Segmente der Aorta und andere Arterien behandelt werden können. Solche Interventionen stellen sehr hohe Anforderungen an das Team, das sowohl alle chirurgischen als auch die interventionellen Techniken beherrschen sollte, um gute Resultate zu erzielen. Vor allem für Interventionen an herznahen Gefässen ist Erfahrung mit der extrakorporellen Zirkulation, z. B. der Herz-Lungen-Maschine unerlässlich. Das Team muss beide Techniken beherrschen und kann für jeden Patienten die Vor- und Nachteile der verschiedenen Behandlungsoptionen abschätzen und die individuell beste Behandlung vorschlagen und durchführen. Besonders interessant wird die Zusammenarbeit in komplexen Situationen, wenn eine Kombination beider Behandlungsmethoden sinnvoll wird, um ein gutes Resultat mit geringstem Risiko zu ermöglichen. Dies gilt vor allem, wenn bei der offenen Operation das Risiko sehr hoch ist, aber interventionelle Methoden allein nicht zu einem guten Resultat führen oder erst in Kombination mit einer offenen Operation möglich werden. Aus diesem Grund werden am HerzZentrum Hirslanden seit Einführung der interventionellen Methoden im Jahr 1997 die Eingriffe vom Kardiologen und vom Herzchirurgen gemeinsam durchgeführt.

Abb. 2: Dacron Y-Graft

Abb. 3: Stent-Grafts (selbst expandierende Gefässprothesen)

Abb. 4: Aorta mit Gefässprothesen

Präoperative Abklärungen?

Um einen Eingriff zu planen, müssen die genauen Masse und die Ausdehnung des Aneurysmas bekannt sein. Geeignete Untersuchungen dafür sind das CT und MRI, der Ultraschall genügt nur als Screening. Für endovaskuläre Eingriffe (Stent-Grafts) muss zusätzlich der Zugang über die Leistenarterien möglich sein und ein genügend langes Stück nicht erweiterter Aortenwand ohne wesentliche Gefässabgänge ober- und unterhalb des Aneurysmas muss vorhanden sein, um die Prothese sicher zu verankern. Dies muss zusätzlich mit einer Angiographie abgeklärt werden. Eine gute präoperative Abklärung von Begleiterkrankungen ist selbstverständlich.

Da bei den meisten Patienten die Arteriosklerose Ursache für das Aneurysma ist, muss vor einem Eingriff speziell das ganze arterielle Gefässsystem abgeklärt werden. Besonders wichtig für das Operationsrisiko sind die Herzkranzarterien und die hirnversorgenden Arterien. Sind diese ebenfalls in erheblichem Ausmass von der Arteriosklerose befallen, drängt sich möglicherweise eine Behandlung dieser Veränderungen vor der Operation des Aortenaneurysmas auf. Nur so können gefährliche Komplikationen vermieden werden. Das grösste Risiko bei einer offenen Operation der Bauchschlagader geht von einem Herzinfarkt während oder nach der Operation aus.

Ablauf der Eingriffe

Für alle Eingriffe an der Aorta ist eine Hospitalisation erforderlich. In der Regel erfolgt die Abklärung im Vorfeld, so dass der Spitaleintritt 1 Tag vor dem Eingriff erfolgt.

Eingriffe an der Aorta ascendens und am Aortenbogen

Diese Operationen erfolgen immer an der Herz-Lungen-Maschine mit einem Zugang von vorne (Sternotomie) und evt. zusätzlichen Zugängen zu den Arm- oder Beinarterien. Die Eingriffe finden in Allgemeinnarkose und künstlicher Beatmung statt. Das Monitoring entspricht dem von Herzoperationen (arterielle Katheter, zentraler Venenkatheter, Blasenkatheter, etc.). Einige Eingriffe müssen in Hypothermie und Kreislaufstillstand erfolgen. Es handelt sich um sehr lange Eingriffe (über 3–4 Std.) und das Erwachen aus der Narkose geschieht 3–24 Std. nach der Operation, wenn sicher gestellt ist, dass stabile Verhältnisse vorliegen. Die Überwachung und Behandlung erfolgt für ein bis mehrere Tage auf der Intensivstation und anschliessend auf der Abteilung.

Nach 3-4 Tagen können bei den meisten Patienten die Katheter entfernt werden. Am wichtigsten ist neben der zunehmenden Mobilisation die intensive Atemtherapie, da die Lungenbläschen eine Tendenz zum Verkleben (Atelektasen) haben. Die Entlassung nach Hause oder in eine Rehabilitation ist meist 8-14 Tage nach der Operation möglich. Wegen der sehr grossen und belastenden Operation kann in den ersten Wochen der Haushalt nicht selbständig geführt werden und es ist mit einer Erholungszeit von 2-3 Monaten zu rechnen.

Endovaskuläre Eingriffe mit Stent-Grafts

Chirurgisch sind dies viel kleinere und weniger belastende Eingriffe. Am Vorabend der OP wird ebenfalls abgeführt, damit im Notfall optimale Verhältnisse herrschen, wenn wegen einer Komplikation die Aorta freigelegt werden müsste. Der Eingriff kann meistens in Regionalanästhesie mit leichter Sedation durchgeführt werden. Als Zugang werden die Arterien in beiden Leisten durch 3-5 cm lange Schnitte freigelegt und die Gefässprothesen über die Arterien eingeführt und unter Durchleuchtungskontrolle platziert. Der Eingriff erfolgt im Hybrid-Operationssaal und die Vorbereitungen (Monitoring, Katheter, Abdeckung) sind so, dass bei Komplikationen im Notfall jederzeit der Bauch eröffnet und die Aorta freigelegt werden können.

Nach Operationsende erfolgt die Überwachung auf der Überwachungsstation bis zum nächsten Morgen. Essen und Trinken sind sofort möglich. In den ersten Tagen kann wegen der Beschichtung der Grafts leichtes Fieber auftreten. Stärkere Schmerzen sind sehr selten und alle Katheter können bereits am 2. Tag entfernt werden. Die Entlassung nach Hause erfolgt zwischen dem 3. und 6. postoperativen Tag, je nach Mobilisation und Allgemeinzustand. Eine Erholung ist in der Regel nicht nötig. Parforceleistungen, die zu einem stärkeren Blutdruckanstieg führen, sollten in den ersten 4 Wochen vermieden werden.

Offene Eingriffe an der thorakalen und thorako-abdominalen Aorta

Diese Eingriffe erfordern einen thorakalen (Thorakotomie) oder thorako-abdominalen Zugang und erfolgen mit oder ohne Einsatz der Herz-Lungen-Maschine. Das perioperative Management entspricht demjenigen der Eingriffe am Aortenbogen. Die Überwachung auf der Intensivstation und die Behandlung im Spital dauern eher etwas länger.

Offene Eingriffe an der infrarenalen Bauchaorta und den Beckenarterien

Als Vorbereitung wird am Abend vor der Operation der Darm gründlich entleert. Wie bei einer Dickdarmuntersuchung (Coloskopie) erfolgt die Entleerung durch Trinken einer reinigenden Flüssigkeit. Der Zugang zur Bauchaorta erfolgt entweder durch den Bauchraum (Laparatomie) oder retroperitoneal durch eine Lumbotomie links. In der Regel wird der Patient noch im Operationssaal wach und wird bis zum nächsten Tag auf der Intensivstation überwacht.

Bis die Verdauung wieder vollständig in Gang gekommen ist, dauert es etwa 2–4 Tage. Solange ist die Nahrungseinnahme eingeschränkt und bleibt die Infusion. Nach 8–10 Tagen kann die Entlassung aus der stationären Behandlung erfolgen. Die Erholung dauert 4–8 Wochen.

Nachbehandlung

Lokale Wundbehandlung

Alle Wunden werden mit resorbierbarem Nahtmaterial intracutan verschlossen und die Hautnaht mit Steri-Strips gesichert. Eine Fadenentfernung ist nicht notwendig. Wenn die Wunden trocken sind, kann ab dem 5. postoperativen Tag kurz geduscht werden. Im Spital werden die Steri-Strips nach jeder Dusche ersetzt. Wenn nach der Entlassung Sekretion aus der Wunde, Rötung, Schmerzen oder Fieber auftritt, besteht Verdacht auf einen Wundinfekt und der Chirurg sollte umgehend informiert werden. Die Steri-Strips können nach 2 Wochen entfernt und die Haut normal gepflegt werden.

Schmerzen

Unmittelbar postoperativ werden sehr viel Schmerzmittel verabreicht, so dass es gar nicht erst zu stärkeren Schmerzen kommen sollte. Je nach Operation braucht es während einer längeren oder kürzeren Zeit eine regelmässige Einnahme von Schmerzmitteln. Wichtig ist, dass Atemtherapie und Mobilisation nicht durch Schmerzen behindert werden. Bei Entlassung werden genügend Schmerzmittel mitgegeben und der Gebrauch wird instruiert.

Antikoagulation (Blutverdünnung)

Bei der Aorta und den Beckengefässen handelt es sich um grosse Arterien mit hohem Blutfluss und hoher Flussgeschwindigkeit. Die Prothesen haben einen grossen Durchmesser und hohen Blutfluss, so dass das Risiko von thrombotischen Ablagerungen und Embolien minim ist. Deshalb braucht es weder früh postoperativ noch später eine Antikoagulation. Eine Plättchenhemmung mit Aspirin zur Sekundärprophylaxe der Arteriosklerose genügt. Selbstverständlich können andere Erkrankungen vorliegen, die eine Antikoagulation dennoch erfordern.

Verhalten in der Erholungsphase

Nach offenen Operationen im Bereich des Brustkorbes oder Bauchraumes sollten während 2 Monaten keine schwereren Lasten (über 5 bis 10 kg) gehoben werden. Husten und Verstopfung sind ebenfalls möglichst gut zu behandeln. Das Brustbein, resp. die Bauchdecke, dürfen bis zur soliden Abheilung, die 2–3 Monate dauert, unter keinen Umständen zu stark belastet werden, sonst besteht die Gefahr einer bleibenden Instabilität oder eines Narbenbruches. Selbstverständlich sollte während dieser Zeit die allgemeine-kardiologie Kondition durch regelmässige Kreislaufbelastung verbessert werden. Am besten geschieht das durch regelmässiges Laufen, z. B. zwei tägliche Spaziergänge von mind. 30 Minuten Dauer.

Nachkontrollen des Aneurysmas und der Aorta

Nach der offenen Implantation eines Dacron-Graftes, der an gesunder Aortenwand angenäht wird, kann sich der ersetzte Teil der Aorta nicht mehr verändern. Spezifische Kontrollen des behandelten Aneurysmas und Graftes sind nicht erforderlich. Jedoch sollte der Rest der Aorta gelegentlich auf die Bildung eines neuen Aneurysmas kontrolliert werden. Die Art der Untersuchung und die Intervalle richten sich nach dem Zustand und den Befunden am nicht ersetzten Teil der Aorta. Nach endovaskulären Eingriffen sind mehr Kontrollen nötig, vor allem am Anfang. Gelegentlich können Leckagen an Stellen, wo die Prothesen zusammengesetzt wurden, oder am oberen und unteren Ende der Prothesen auftreten, wenn die Aortenwand etwas nachgibt. In der Regel finden Kontrollen nach 6 Monaten, 1 Jahr und später alle 2 Jahre statt.