Im Gespräch mit Martin Grapow

Prof. Dr. med. Martin Grapow ist seit Anfang Oktober 2019 im HerzZentrum tätig. Er ist als Mitglied der Medizinischen Fakultät Basel Professor für Herzchirurgie und besitzt zudem einen Master in Health Business Administration.

Wie haben Sie sich an Ihrem neuen Arbeitsort eingelebt?

Sehr gut. Vielen Dank. Der Wechsel stellt für mich eine wunderbare neue berufliche Herausforderung dar. Zusätzlich zu meiner akademischen Tätigkeit in Lehre und Forschung an der Universität Basel habe ich nun die Möglichkeit, mich täglich zusammen mit meinem hochprofessionellen und spezialisierten Team intensiv um meine herzchirurgischen Patienten zu kümmern.

Ein Spezialgebiet von Ihnen ist die Mitralklappen-Rekonstruktion. Welche spezifischen Probleme können bei einer solchen Klappe entstehen?

In unseren Breitengraden haben wir es bei Erkrankungen der Klappe meistens mit einer Undichtigkeit zu tun, bei der das Blut zurückfliesst und in den linken Vorhof und die Lunge zurückstaut. Seltener kommen bei uns Verengungen und Verkalkungen der Klappe vor. Ein bakterieller Infekt der Klappe mit entsprechender Zerstörung, die sogenannte Endokarditis, ist eine weitere schwere Erkrankung, die immer wieder vorkommen kann.

Kann ein Mitralklappen-Problem nur operativ beseitigt werden?

Waren Mitralklappenerkrankungen früher nahezu nur operativ heilbar, sind in den letzten Jahren katheterbasierte Verfahren wie z.B. der Mitraclip hinzugekommen. In der Regel sind solche Therapien allerdings bei Patienten vorgesehen, für die eine Operation aufgrund deutlich vorgeschrittenen Alters oder vieler Nebenerkrankungen mit einer vernünftigen Risiko-Nutzen Abwägung nicht mehr in Frage kommt.

Was ist das Ziel einer Mitralklappen-Operation?

Das Ziel einer Operation ist ganz klar, die Funktionalität der Klappe zu 100% wieder herzustellen und das idealerweise in der Art und Weise, die der Natur am ähnlichsten ist. Eine perfekte Reparatur der Klappe ist das höchste Gut, verbunden mit einer völlig normalen Lebenserwartung. Ist die Klappe durch massive Verkalkungen oder gar Infektionen so schwer beschädigt, dass eine vernünftige Rekonstruktion mit einer entsprechenden Funktionalität und Haltbarkeit nicht erreichbar ist, kommt nur der Ersatz in Frage.

Wie invasiv ist eigentlich ein operativer Eingriff bei einer Mitralklappe?

Wenn man es genau nimmt, sind eigentlich viele Schritte identisch, ob man nun den Brustkorb über eine Spaltung des Brustbeines eröffnet oder durch ein Schlüsselloch operiert. Das, was man an der Klappe repariert, ist absolut identisch. Daher bezieht sich bei der minimalinvasiven Mitralklappenoperation die Invasivität auf die Grösse des Zugangs. Das alleine hat aber schon enormen Einfluss auf das allgemeine Krankheitsgefühl, ob ich kleine Wundflächen mit weniger Blutverlust und einem komplett intakten Brustkorb habe oder ob grosse Wundflächen mit einem aufgespreizten Brustbein nötig sind. Messen lässt sich das am Verbrauch von Spenderblut, an den Stunden auf der Intensivstation, an der Länge des Krankenhausaufenthaltes und der frühpostoperativen Lebensqualität.

3D ist in der Medizin langsam in aller Munde. Wie sieht der Stand der Dinge bei einer 3D-Mitralklappenkonstruktion aus?

Das anatomische Verständnis wird dank 3D signifikant verbessert, was sowohl in der Planung als auch in der Durchführung von Eingriffen von grossem Nutzen ist. Die Herz-Ultraschalluntersuchung über die Speiseröhre ist schon heute in der Lage, auf sehr eindrückliche Art und Weise die Klappe mit ihren Strukturen sehr detailliert visuell zu reproduzieren. Kommen dazu noch 3D-Optiken in den Endoskopen bei minimalinvasiven Operationen zur Hilfe, ist die räumliche Darstellung eine immense Hilfe für den Chirurgen, der damit den Eingriff über das räumliche Sehen viel präziser und im Endeffekt auch schneller erfolgreich durchführen kann.